Mittwoch, 3. Dezember 2008

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Nehmen und Geben statt Nehmen und Gehen
Bildung eines symbolischen Matri-Clans


"Wie das geschieht, skizziert ich modellhaft in Kürze: Zunächst wählt sich eine Frau (zwei, drei Frauen) mit Kindern ihre 'Schwestern', das heißt, einige Frauen ohne Kinder, die mit ihr die gemeinsame Mutterschaft ergreifen wollen. Für die Kinder heißen alle diese Frauen 'Mutter', und für die Frauen sind alle diese Kinder 'Tochter und Sohn'. Da die Schwesterngruppe begrenzt ist, bietet sie den Kindern die nötige Nähe und Intimität. Auf diese Weise habe alle Frauen 'Kinder', und zugleich gibt die gemeinsame Fürsorge jeder von ihnen - auch der leiblichen Mutter - genug Zeit für die Weiterentwicklung beruflicher Fähigkeiten. Vielleicht findet diese Schwesternschaft auch einen schönen Namen, den sie ihrem wahlverwandten Kern-Clan geben will.



Im nächsten Schritt werden von diesen 'Müttern' die Männer gewählt und in den Clan eingeladen, die ihre 'Brüder' sein sollen und wollen. Diese 'Brüder' sind nicht die Geliebten, sondern Männer, die das Vertrauen der Frauengruppe genießen, weil sie einen hohen Grad an pro-sozialen Fähigkeiten besitzen. Sie teilen sich nun mit ihren 'Schwestern' die Fürsorge für die Kinder, so dass für jedes Mitglied dieses wahlverwandten Clans der berufliche Spielraum noch größer wird. 'Schwestern' und 'Brüder' stellen auch hinsichtlich der Arbeit möglichst eine Kooperationsgruppe dar. So haben alle Männer 'Kinder', und es entstehen gemeinsame Verbindlichkeiten.



Dass ausnahmslos alle Menschen in der Gemeinschaft für Kinder mitsorgen, ist ein Prinzip der Balance, denn jeder Mensch hat diese Fürsorge als Kind erhalten. Es gibt deshalb eine ethische Verpflichtung, diesen Dienst auch weiterzugeben. Die individuelle Mutterschaft und Vaterschaft, die Einzelnen diese ganze Pflicht zuschiebt, werden dabei als mit der Kleinfamilie überholt aufgelöst, ohne dass die Kinder nun im gesichtslosen Kollektiv leben müssten. Gleichzeitig wird die patriarchale Rollenverteilung aufgelöst, gemäß der Frauen als Mütter für die anderen fürsorgend da zu sein haben. Sie werden in unserer Gesellschaft dafür noch nicht einmal geehrt, sondern verachtet, weil sie unbezahlte Arbeit tun (müssen). Krabbelgruppe und Kindergarten sind dabei nur Trostpflaster für eine grundsätzliche soziale Schieflage.



Im Modell des symbolischen Matri-Clans ist das anders: Mutterschaft und mütterliche Eigenschaften werden dort geehrt, denn pro-soziales Verhalten stellt die Norm dar. Deswegen geht die Bildung eines solchen Clans von den Müttern aus ... Die Liebesbeziehungen hingegen finden zwischen den Clans statt, aber nicht innerhalb von ihnen ... Keinesfalls folgt aus diesem Modell, dass die Liebesbeziehungen oberflächlich und kurz sind, weil die Liebenden nicht zusammen wohnen und arbeiten."



Aus:
Heide Göttner-Abendroth, Der Weg zu einer egalitären Gesellschaft. Prinzipien und Praxis der Matriarchatspolitik, Drachen Verlag 2008

MatriaVal



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